Das Heidelberger Schloss war bis zu seiner Zerstörung in den Pfälzer Erbfolgekriegen die Residenz der Kurfürsten von der Pfalz. Einer dieser Kurfürsten war Friedrich V., der die englische Königstochter Elisabeth Stuart heiratete. Die Ehe mit ihr war eine Liebesheirat.
Die Zusammenkunft der beiden hatte eine dunkle und eine helle Seite. Die dunkle Seite fand ihren Niederschlag in dem ursprünglichen Widerstand der Königin gegen die Hochzeit der beiden. Der Grund hierfür lag darin, dass Friedrich „nur“ ein Kurfürst war und kein König.
Die helle Seite der beiden Verliebten war ihre unbelastete Zuneigung zueinander, losgelöst von allem Standesdünkel. Zudem nahmen beide aufgrund ihrer äußeren Erscheinung die Menschen für sich ein. So wurde Elisabeth Stuart aufgrund ihres Aussehens, das dem Schönheitsideal der Zeit entsprach, auch die „Perle Britanniens“ genannt.
Die beiden galten als Traumpaar ihrer Zeit. Für seine Frau scheute Friedrich V. keine Kosten und Mühen. Mit großem Aufwand wurden Festlichkeiten veranstaltet. Er ließ für sie sogar das bekannte „Elisabethentor am Stückgarten“ bauen. *
Viele Jahre später, als die Kurfürsten schon längst das Heidelberger Schloss verlassen hatten, das Schloss zu einer Ruine verfallen war und ausgeplündert wurde, begannen einige Interessierte ca. um 1820 herum für das Schloss zu kämpfen, um die blühende Vergangenheit wieder in Erinnerung zu rufen. So gab es insbesondere einen ungewöhnlichen Auftrag, um die Geschichte um Heidelberg und sein Schloss weiterleben zu lassen.
Bäckermeister Gundel, der am Fuße des Heidelberger Schlosses das Café Gundel, ein Mittelpunkt der Heidelberger Gesellschaft mit Bäckerei und Konditorei, führte, erhielt den Auftrag, in Erinnerung an dieses Liebespaar des Heidelberger Schlosses und seine schlechten und guten Zeiten mit seinen köstlichen Zutaten eine Spezialität zu kreieren. Diese sollte dann auf festlichen Anlässen als Symbol der Geschichte Heidelbergs serviert werden.
Auf jeden Fall musste seine über die Heidelberger Stadtgrenzen hinaus bekannte selbstgemachte Nougatcréme dabei sein, die die Heidelberger liebten. Aber wie sollte daraus eine Spezialität in Gedenken an das „Winterkönigspaar“ * werden? Es fehlte ihm noch eine großartige Idee. In drei Tagen war die erste dieser Festlichkeiten. Der Meister grübelte und grübelte, die Zeit wurde immer kürzer.
Nougatplätzchen? ... nein, es ist doch nicht Weihnachten, Biskuitrolle? ... langweilig, Marzipannougat? ... nicht leicht und locker genug, Nougattorte? ... nein, es ist ja keine Hochzeit, feine dunkle Schokolade? ... Da wurde er jäh in seinen Gedanken unterbrochen: „Großvater“, rief es von oben „bitte komme zu mir“. Seine Enkelin Barbara bat ihn, ihr noch die Geschichte vom Froschkönig vorzulesen, da sie nicht einschlafen konnte. So erzählte er ihr die Geschichte und langsam schlummerte die Kleine unter den beruhigenden Worten des Großvaters ein.
Die Geschichte des Froschkönigs ging ihm durch den Kopf und inspirierte ihn, seine Spezialität in Form einer Kugel aus seinem erlesenen Material zu schaffen. So war die Idee geboren. Die Idee der Verwandlung - aus etwas Einfachem etwas unerwartet Wunderbares zu schaffen.
Eine Kombination, die alle Sinne anregte: Feines Mohrenkopfbiskuit, innen mit einem Kern aus seiner legendären Nougatcréme und außen köstlich von Marzipan und Schokolade umhüllt. Der Name der Kugel war dann auch schnell gefunden. Sie sollte den Namen dessen tragen, für den sie bestimmt war, „Heidelberger Kurfürstenkugel“.
Urgroßvater Gundel fertigte zu Ehren der Frau des Kurfürsten nicht nur eine dunkle, sondern auch eine helle Kurfürstenkugel mit feiner weißer Schokolade überzogen in Erinnerung an Elisabeth Stewart, die „Perle Britanniens“, an.
Wie sollte sie verpackt werden? Immer zwei zusammen, je eine dunkle und eine helle Kurfürstenkugel, die an das unzertrennbare und ungleiche Liebespaar erinnern soll.
In Erinnerung an den Ursprung der Ideenfindung bat er später einen mit ihm befreundeten Maler, den Froschkönig mit der Kugel und einem „standesgemäßen“ Kurfürstenmantel zu malen, der die Verpackung schmücken sollte.
Auf diese Weise bot er fortan in seinem Café die Kurfürstenkugel für alle Heidelberger und Besucher der Stadt an. So gelang es ihm ein Symbol für Heidelberg zu kreieren, das Gundels Spezialitäten mit der Geschichte Heidelbergs und seinem Schloss vereinte. Sitzt man heute im Café Gundel zu Heidelberg, das jetzt von Christian Gundel in vierter Familiengeneration geführt wird, kann man gemütlich beim Verspeisen der Kurfürstenkugel auf das Schloss sehen und an die Geschichte denken, die es einmal schrieb.
* Für Interessierte der Heidelberger Geschichte ... wie es dann weiter ging ...
Kurfürst Friedrich V. plante und baute bereits als 17-Jähriger einen gewaltigen Lustgarten im Schloss Heidelberg. Die hierzu notwendigen enormen Erdbewegungen betrachteten die Landsleute damals als ein achtes Weltwunder.
Der Versuch der Kurpfalz unter der Herrschaft von Friedrich V. zur protestantischen Vormacht im Heiligen Römischen Reich zu werden, endete in einer großen Niederlage.
Friedrich V. nahm 1619 die Wahl zum böhmischen König an, obwohl viele Berater ihm ausdrücklich davon abrieten. Er konnte die Krone nicht behaupten, da er u.a. die Schlacht am Weißen Berg verlor. Sein Königtum überstand nur etwas mehr als einen Winter, so wurden die beiden auch Winterkönig und Winterkönigin genannt.
Friedrich V. wurde, nachdem der Dreißigjährige Krieg in eine weitere Phase eintrat, ein politischer Flüchtling. Nach den Erlebnissen in Böhmen fand Elisabeth auch bei ihrem Vater in England keine politische Unterstützung mehr. Auch nach Heidelberg konnten sie nicht mehr zurückgehen, wo alle genug mit dem Wiederaufbau des Landes nach dem Krieg zu tun hatten.
Sie ging zusammen mit ihrem Mann ins Exil und teilte sein Schicksal als Flüchtling bis zu seinem Tod 1632.